Während die Achtsamkeit noch vor wenigen Jahren den Esoterikern vorbehalten war, hat sie längst Einzug ins Management gehalten. Eine späte Erkenntnis, die erst kam, als die Zahlen von Erschöpfung und Bournout sich nicht mehr unter den Teppich kehren ließen und hier ebenfalls ein Umdenken und ein gewisses Verständnis für diese Erkrankungen entwickelt hat. Mit gelebter Achtsamkeit ändern sich meiner Meinung nach die Wirtschaft und ihre Ethik. Schon jetzt ist ein Trend zu beobachten.  Bücher zum Thema „Achtsame Wirtschaft“ wären vor 20 Jahren als esoterische Spinnerei abgetan worden. Heute schreiben Wissenschaftler darüber. Ich selbst kenne Dr. Kai Romhardt durch seine Wissensmanagement-Bücher, mit denen er sich vor 15 Jahren einen Namen in der Betriebswirtschaft machte. Liest man seine philosophisch anmutende Buchbetrachtung „Wissen ist machbar“ und kennt heute das von ihm gegründeten Netzwerk „Achtsame Wirtschaft“, so wird deutlich: Dieses Buch war sein erster Ansatz Wissenschaft und Spiritualität zu konnektivieren. Dr. Romhardts späterer Burnout war Niederlage und Segen zugleich. Denn ohne diese Krise hätte es seine Initialzündung zum stetig wachsenden Achtsamkeits-Netzwerk vielleicht nicht gegeben. Dr. Romhardt ist für mich ein gutes Beispiel dafür, wie sich das Beste aus den scheinbaren Parallelwelten von Wirtschaft und Spiritualität verknüpfen lässt – zum Wohle aller.

Die Netzwerkbetreiber beschreiben unter www.achtsamewirtschaft.de diesen Gedanken so: „Begriffe wie Wachstum, Wettbewerb, Effizienz, Rendite, Konkurrenz und Leistung sollten frisch betrachtet werden, sie sind in vielem toxisch geworden. Es gilt, diese Begriffe zu erneuern und neue Wirtschaftsprinzipien erfahrbar zu machen, die den Menschen dienen und uns nicht versklaven.“ Renommierte Wissenschaftler wie der Organisationsforscher Karl E. Weick entdecken ebenfalls die Achtsamkeit als wichtiges Werkzeug und implementieren diese in vorhandene Business-Modelle. Kurt Fallers „MEDIUS-Konzept“ geht auch in diese Richtung.

Diese exemplarischen Beispiele zeigen, wie sich Wirtschaft und Achtsamkeit annähern – unabhängig vom Buddhismus und auf vielfältige Weise. Das ermöglicht nicht spirituellen Menschen leichter, Achtsamkeit zu akzeptieren. Gleichzeitig glaube ich, dass sich Achtsamkeit nicht einfach als neues Business-Modell verkaufen lässt. Dazu braucht es mehr. Achtsamkeit ist wie ein zartes Pflänzchen. Es hilft nicht, die Menschen zu zwingen, sie einzupflanzen. Selbst wenn sie dies unter Zwang täten, werden sie diese Pflanze nicht gießen, düngen oder ihr genug Sonnenlicht zukommen lassen – sie verdorrt. Was im Kleinen nicht funktioniert, klappt im Großen erst recht nicht. Wer keine Notwendigkeit für Achtsamkeit sieht, wird sie nicht üben und anderen den Zugang verweigern.

Doch die Zahl derer, die beruflich ausbrennen nimmt stetig zu. So müssen Unternehmen schon aufgrund der Krankheitsausfall-Kosten über Alternativen nachdenken. Diese Herangehensweise könnte ein ganz neuer Ansatz für Unternehmen sein, auf ethische Weise und nachhaltig – für Mensch und Umwelt – zu wirtschaften.

Mehr Informationen unter www.achtsamewirtschaft.de

Ob alleine oder in der Gruppe. Ab und an im Alltag voller Anspannung auch Entspannung zu üben, erhält nicht nur die geistige Gesundheit. Es sorgt auch für mehr Kreativität. Foto: alotofpeople, Fotolia